(Saarbrücker Zeitung)
Spiesen-Elversberg. Das 85-jährige Jubiläum des
Schachvereins 1920 Spiesen-Elversberg lieferte den
würdigen Rahmen zur Ausrichtung der deutschen
Meisterschaft im Schnellschach. Zwischen spannendem
Spitzenschach ehrte der Landesligist verdiente
Mitglieder und ließ das Schachleben der Doppelgemeinde
Revue passieren.
Am Samstag und Sonntag spielten
28 vorqualifizierte Teilnehmer aus allen Bundesländern
um den deutschen Meistertitel in der beliebten
Disziplin. Die Spiele entwickeln sich nicht so hektisch
wie im Blitzschach, erfordern aber auch bei Kiebitzen
weniger tiefgründiges Einsteigen, als dies in
stundenlangen Turnierpartien der Fall ist. Nach elf
Runden mit je einer halben Stunde Bedenkzeit pro
Spieler, stand in Großmeister Klaus Bischoff vom TV
Tegernsee zum vierten Mal innerhalb der letzten sechzehn
Wettbewerbe derselbe Sieger fest.
|
Mit geradezu fabelhafter Bilanz von 9,5 Punkten,
konnte er den Hamburger Meister Thies Heinemann um einen
Punkt distanzieren. Dritter wurde Fidemeister Torsten
Lang aus dem pfälzischen Landau. Die Saarländer dürften
aufgrund ihrer Perspektiven vor dem Start durchaus
zufrieden sein. Zwar führt die Tabelle den für den
erkrankten internationalen Meister Herbert Bastian
eingesprungenen Hans-Georg Müller aus Wadgassen am Ende
auf dem letzten Platz, die Spiesen-Elversberger erfüllte
es aber mit Stolz, dass ihr Gerrit Berrang immerhin vier
Punkte erzielte. Berrang war nicht nur der jüngste
Teilnehmer des Feldes, sondern aufgrund seiner
Wertungszahl am Ende gesetzt.
Trotzdem gelangen ihm drei
Siege und zwei Remisen. Bester Saarländer wurde
Fidemeister Stephan Becking vom Oberligisten Turm
Illingen auf Rang Sechs. Er gab sich bei nur zwei
Remisen wie immer äußerst kämpferisch und besiegte
Großmeister Hans-Joachim Hecht in der Schlussrunde. Für
zwei Tage wurde Spiesen-Elversberg durch dieses jährlich
stattfindende Turnier zum Nabel der deutschen
Schachwelt. Insbesondere der bienenfleißige Vorsitzende
des Vereins, Peter Hemmerling, sorgte rund um die Uhr
für das Wohlergehen von Teilnehmern und
Zuschauern.
Für den Verein waren die
Ehrungen am Samstagabend der Höhepunkt. Dabei gibt es
diesen einen Schachverein der Doppelgemeinde noch gar
nicht so lange, wie der Name vermuten lässt. Erst seit
1995 schlossen sich der 1919 gegründete, aber ab 1920 am
Spielbetrieb teilnehmende Spiesener Verein und die seit
1954 existierenden Schachfreunde Elversberg zu einer
starken Gemeinschaft zusammen. Unter der Leitung von
Hemmerling wuchs der Verein stetig in Mitgliederzahl und
Spielstärke und stellt heute eine Mannschaft in der
höchsten Spielklasse des Landes. Zur Eröffnung des
Festwochenendes überbrachte die Staatssekretärin Gaby
Schäfer vom Ministerium für Inneres, Frauen und Sport
die besten Glückwünsche für den erfolgreichen
Verein.
Selbstredend sprach auch Bürgermeister
Reiner Pirrung zum Festakt, der die vielen
Gemeinsamkeiten in der Sprache der Schachspieler und
Politiker in den Vordergrund seiner Rede stellte. Ob nun
"Bauernopfer, Pattsituation oder in Schach halten", all
dies übernehmen Politiker aus dem Spiel in ihre
Ausdrucksweise. Auch Landrat Rudolf Hinsberger und
Verbandspräsident Bastian freuten sich wiederholt über
die Wirkung des Spiels auf Jugend und Schüler, die für
die soziale Entwicklung bei sportlicher Betätigung wohl
einzigartig ist.
Die Siegerehrung sonntags,
nahm stellvertretend für Peter Müller Staatssekretär
Gerhard Müllenbach vor, der dem Verein ein Präsent im
Namen des verhinderten Ministerpräsidenten überreichte.
Für den Verein wurden unter anderem Manfred Grieb als
Ehrenvorsitzender, Willi Glössner, Karl Gluting, Franz
Fries und Ewald Gräber für über 60-jährige
Vereinzugehörigkeit geehrt. kjl.
Das Turnier
selbst brachte im Endergebnis keine großen
Überraschungen, sieht man mal vom starken Abschneiden
des Pfälzers Torsten Lang und den überraschenden
Platzierungen von Thomas Gerstner und Josef Gheng
ab, dafür spielten sich Arvid von Rahden und Norman
Schütze überraschend gute Platzierungen ein. Klaus
Bischoffs Sieg war nie gefährdet, er führte von Anfang
bis Ende das Feld an, in den Runden 5 bis 7 punktgleich
mit Thies Heinemann - spurtete aber in Runde Acht und
Neun davon. Auch Heinemann verlor keine einzige Partie
und spielte sicher alles aus, was er zu bieten hatte.
Für Bischoff sollte es jedoch nicht
reichen.
Dahinter ein munteres Auf und
Ab. FM Torsten Lang wurde verdient Dritter,
weil er in den entscheidenden Partien gegen die
unmittelbare Konkurrenz die Nerven behielt. Seine
einzige Niederlage war die gegen den neuen und alten
Schnellschachmeister Deutschlands. Die saarländische
Fraktion war als Ausrichter mit drei Teilnehmern von 28
überproportional vertreten, allerdings hielt einzig FM
Becking mit der erweiterten Tabellenspitze mit. Der für
den erkrankten IM Bastian eingesprungene
Hans-Georg-Müller startete exzellent mit 2,5/5, verlor
aber sämtliche Runden danach, davon zwei in klarer
Gewinnstellung. Lokalmatador Gerrit Berrang spielte als
einziger Teilnehmer unter 2000 DWZ beachtliche vier
Punkte nach Hause und beendete das Turnier auf Rang 25.
Remiskönig wurde Ralf Christ vom Lübecker SV mit 7
Partien.
Das Turnier hatte mit
17 Titelträgern ein recht ansehnliches Niveau,
angesichts der starken Bundesliga in Deutschland wäre
aber bestimmt noch eine kräftige Steigerung möglich. Ob
dies an der Disziplin selbst, dem Qualifikationsmodus
oder anderweitig fehlenden Rahmenbedingungen liegt, ist
nicht eben leicht zu beantworten.
Herr
Post vom Hessischen Schachverband hat mich
freundlicherweise darauf hingewiesen, dass die
Abschlusstabellen fehlen. Sie finden Sie unter diesem Link!
|